Die Auseinandersetzung um das Patentwesen und der Streit über Softwarepatente

Zum Ende der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts begann die heftig geführte Debatte um eine EU-Richtlinie zu Softwarepatenten beziehungsweise zur Richtlinie über "computerimplementierte Erfindungen".

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Von
  • Jürgen Kuri

Zum Ende der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts begann die heftig geführte Debatte um eine EU-Richtlinie zu Softwarepatenten beziehungsweise zur Richtlinie über "computerimplementierte Erfindungen", wie sie der EU-Rat nach anfänglichen Konsultationen beschloss. Früh schon formierte sich Widerstand von Kritikern, die "amerikanische Verhältnisse" mit Trivialpatenten und Patentierung von Geschäftsprozessen befürchteten. Befürworter der Richtlinie dagegen argumentierten, reine Softwarepatente sollten zwar vermieden, aber Software, die von Firmen in Produkten eingesetzt werden, solle grundsätzlich schon patentierbar werden. Nur so könne die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der europäischen Wirtschaft gesichert werden.

Nach heftigen Diskussionen in Fachkreisen und Turbulenzen bei den Abstimmungen in den Ratssitzungen beschloss der EU-Rat eine Richtlinie, mit der Kritiker vor allem aus dem Mittelstand und der Open-Source-Szene die Tür zu reinen Softwarepatenten geöffnet sahen, während vor allem große Firmen aus der Industrie die Richtlinie als richtigen Schritt begrüßten. Das EU-Parlament dagegen wollte in 1. Lesung mit grundsätzlichen Korrekturen an dem Ratsbeschluss reinen Softwarepatenten einen Riegel vorschieben – trotzdem blieb der Rat auch gegen Widerstände in den eigenen Reihen bei seiner Haltung und segnete einen entsprechenden "Gemeinsamen Standpunkt" ab. Schlussendlich aber verwarf das EU-Parlament die Richtlinie und bereitete ihr so ein vorläufiges Ende.

Wie es mit der Patentgesetzgebung in Europa und der möglichen Überarbeitung des US-Patentwesens, die Trivialpatente verhindern soll, weitergeht, wird nun Softwarepatentgegner, Industrie, Lobbyverbände und die interessierte Öffentlichkeit auch nach dem Scheitern der Richtline über "computerimplementierte Erfindungen" im EU-Parlament noch lange beschäftigen.

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